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Aus Kindern werden Leute

Lachende und weinende Augen lassen sich zwar nur metaphorisch miteinander verbinden, in dem Fall muss ich dieses Bild aber strapazieren. Die Entwicklung meiner Kinder schreitet mit Riesenschritten voran und lässt sich wohl nicht aufhalten. Das hat in erster Linie gute Seiten. Wir sparen Windeln, man muss sie nicht ständig im Auge haben und es ist ausreichend, wenn man ihnen das Essen vor die Nase stellt. Sie essen es selbstständig. Allerdings gibt es auch ein paar negative Seiten. Aus Kindern werden Leute und ich muss mich immer mehr daran gewöhnen, dass sie langsam auf Augenhöhe kommen. Nicht nur, dass sie körperlich wachsen, sie entwickeln sich auch geistig rasant weiter und entwickeln ihre Persönlichkeit. Eine Herausforderung für mich als Mutter.

Erziehung

Kinder zu erziehen erfolgt in mehreren Phasen. In erster Linie machen die Kinder das, was man ihnen vorlebt. Der Spruch ist nicht zu 100% richtig, hat aber durchaus einen wahren Kern. Mache ich etwas aus Bequemlichkeit nicht, dann klappt diese Form der Erziehung perfekt. Wenn ich ihnen also vorlebe, dass ich Abends meine Wäsche beim Ausziehen energisch auf links drehe und vor Ort kurzerhand fallen lasse, dann bin ich sicher, dass die Kleinen mir das eifrig nachmachen. Allerdings tue ich das nicht. Ich sortiere meine Kleidung nach Farbe in die drei passenden Wäschekörbe, oder lege sie direkt in die Waschmaschine. Will ich etwas am nächsten Tag wieder tragen, dann wird es ordentlich an den Haken gehängt, oder gefalten und bereitgelegt. Das lernen Kinder nicht. Zumindest nicht vom zusehen. Man kann also sagen, dass dieser einfache Teil der Erziehung sich auf die Teile beschränkt, die die Kinder ohnehin mitbringen. Lebt man ihnen etwas negatives vor, dann sind sie sehr empfänglich dafür. Bei positiven Dingen sieht das anders aus.

Züge fahren ab

Prägung im Kindesalter ist das Mittel zum Zweck bei der Erziehung. Schlüsselreize sorgen dafür, dass die Kinder lernen, was positives Feedback bringt und was nicht. Erziehung ist Arbeit, auch wenn man dafür nicht bezahlt wird. Man muss konsequent und kontinuierlich die richtigen Dinge fördern und die falschen Dinge eindämmen. Zwar sind Menschen keine Graugänse, die dem erstbesten Lebewesen nachlaufen, das sie nach dem Schlüpfen sehen, aber es ist zumindest deutlich einfacher, die Kinder in der ersten Lebensphase zu beeinflussen. Werden sie älter nimmt der Einfluss der Eltern ab. Aus Kindern werden Leute bedeutet auch, dass sie ihr soziales Netzwerk ausbauen. Dazu brauchen sie, zum Glück, noch kein Facebook-, oder Snapchat-Profil, sondern sie beginnen damit, mit anderen zu reden.

Selbstbestimmung

Kinder wachsen und entwickeln sich. Das merkt man spätestens, wenn klar wird, dass die Kinderbetten zu klein werden und man außerdem einen Schreibtisch im Kinderzimmer braucht. Aus dem Kinderzimmer wird ein Jugendzimmer und irgendwann zieht der junge Erwachsene aus und man hat einen zusätzlichen Raum, den man nicht braucht. Aber nicht nur, dass man neue Möbel und Jugendbetten bei Pharao24 bestellt und statt Tierkindern südkoreanische Bands an den Wänden hängen, auch die Beziehung zu den Kindern verändert sich. Die Eltern sind nicht mehr die einzige Bezugsperson. Freundinnen und Freunde, deren Eltern, aber auch Großmutter, Tanten, Onkel, Cousinen und Zufallsbekanntschaften auf dem Spielplatz reden mit. Vorbei ist die Zeit, in der die Kleinen mit offenen Mund lauschen und das Gesagt 1:1 aufnehmen. Sie denken mit und haben oft erstaunliche Argumente.

Richtig argumentieren

Die Älteste der drei Kleinen ist 8 Jahre alt. Zusammenfassend kann man sagen, dass sie sich nichts mehr erzählen lässt. Was auch immer man ihr sagt, sie hat nicht nur eine andere, sie hat eine bessere, richtigere, umfassendere und weitreichendere Meinung dazu. Gut, hin und wieder verfällt sie noch zurück in ihr kindliches Verhalten und es gibt Phasen, in denen sie etwa ängstlich ist und tröstende Worte unwidersprochen hinnimmt. Diese Phasen sind aber selten und kurz. Im Regelfall kann man mit ihr ganz hervorragend diskutieren. An dieser Stelle kann man mir natürlich einen Vorwurf machen. Ja, ich habe jahrelang darunter gelitten, dass ich sehr selten die Gelegenheit hatte, mit Erwachsenen zu sprechen. Ja, bei mir läuft manchmal Kinderfernsehen. Auch wenn die Kinder nicht da sind. Ich bin es einfach gewöhnt. Jetzt entwickeln sich die Kinder weiter und werden eben zu Leuten. Leuten, mit denen man lange und inhaltsschwer diskutieren kann und mir ist es auch nicht recht. Tja, trotzdem nervt es. Zumindest oft.

Demokratie, statt Diktatur

Manche Dinge klappen einfach besser, wenn nicht viele Menschen mitreden. Bei Soldaten ist das selbstverständlich. Einer schreit und alle springen. Perfekte Welt. Das klappt bei Familien mit kleinen Kindern eigentlich auch ganz gut. Wir gehen zum Spielplatz lautet der Befehl und alle Kinder laufen zur Tür. Entscheidet das kommandierende Elternteil, dass man wieder heimgeht, dann ist das nun mal so. Zur Not gibt es noch zusätzliche Anreize dafür, mitzugehen, aber das Prinzip, dass einer sagt wo es langgeht und die Kinder folgen, ist ein paar Jahre lang ein wahres Erfolgsrezept. Speziell wenn man, wie ich, mit drei kleinen Kindern unterwegs ist. Da gibt es wenig Raum für Diskussionen. Stehenbleiben heißt stehenbleiben und nicht weiterlaufen und später erklären, welche guten Gründe man dafür hatte. Später könnte es zu spät sein. Allerdings wird in letzter Zeit bei uns immer mehr diskutiert und Entscheidungen nicht mehr so einfach hingenommen.

Lauf der Dinge

Das kann man wahrscheinlich nicht ändern und es ist ja auch sehr positiv, wenn die Kinder später ins Leben entlassen werden. Statt brave Ja-Sager zu sein, werden sie sich wohl auch im Leben behaupten und unangenehm sein. Für mich ist es im Einzelfall natürlich wesentlich anstrengender. Jeden Abend über die globale Zubettgehregelung mit Extrembeispielen und Kompromissvorschlägen zu debattieren kann ermüdens sein. Allerdings ist die Bilanz grundsätzlich doch noch positiv. Statt sich im Supermarkt schreiend auf den Boden zu werfen bekomme ich jetzt einen Vortrag über kindliche Bedürfnisse, elterliche Pflichten und eine Analyse darüber, welche Süßigkeiten durchschnittliche Kinder von wohlwollenden Eltern in Mitteleuropa erhalten sollten. Zum Glück kennt sie Powerpoint noch nicht.

Weil ich es sage

Also höre ich mir die Argumentationen an und kontere auf demselben Niveau mit dem erwarteten Verhalten von Kindern und Auswertungen über bereits erfolgte Zuwendungen. Ich lege dar, dass unsere spezielle Situation einen Vergleich mit den genannten Konstellationen unzulässig macht und etwa ein Vergleich mit Einzelkindern deswegen nicht berücksichtigt werden kann. Notfalls gibt es aber immer noch das Killerargument und manche Dinge sind auch heute noch so wie sie sind, aus einem ganz einfachen Grund. Weil ich es sage.

Aus Kindern werden Leute

Möbel im Kinderzimmer, die Umgestaltung auf ein Jugendzimmer und Gespräche, die mich mitunter argumentativ in die Ecke drängen sind Anzeichen dafür, dass meine Kinder sich entwickeln. Eine Entwicklung, der ich als Mutter auf verschiedene Weise Rechnung tragen muss. Nicht nur die Betten werden zu klein und sind nicht mehr passend für die Kinder. Auch der Umgang mit ihnen ist nicht mehr auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Ich muss mir Zeit nehmen und ihre Argumente entkräften. Auch nicht mühsamer, als das schreiende Kind vom Supermarktboden aufzulesen und intellektuell viel anspruchsvoller. Wenn trotzdem jemand uns deswegen anstarrt, dann sicher nicht, weil ich als Mutter meine Ohnmacht zur Schau trage.

Vorbereitung für das Leben

Daheim kann ich meine Kinder beschützen. Ich kann Ihnen ein schönes Zimmer einrichten und dafür sorgen, dass sie alles haben. Daheim sorge ich dafür, dass sie sich ausleben können und ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Es gibt aber immer mehr Zeit, die sie ohne mich verbringen. Zeit, in der sie auf sich alleingestellt sind. Meine Aufgabe ist es, sie darauf vorzubereiten. Eine Gratwanderung zwischen dem Eingehen auf schlechte Argumente und dem Beenden von Diskussionen, die man zu verlieren droht, mit einem Machtwort. Ich muss etwas völlig Neues lernen und mich in einer neuen Rolle einfinden. Ich bin nicht mehr immer die Mutter, zu der die Kinder aufsehen und ich bin nicht mehr immer die, die recht hat. Manchmal muss ich etwas völlig Neues zulassen, denn manchmal haben meine Kinder die besseren Argumente. Dann haben tatsächlich die Kinder recht. In so einem Fall habe ich dann wohl etwas falsch gemacht in der Diskkussion. Trotzdem ist es auch ein Sieg für mich. Schließlich habe ich zumindest in der Erziehung etwas richtig gemacht.

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