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Rechts vor Links – Rücksicht unter Kinderwägen

Ich hatte heute einen Vormittag mit einem weinenden und drei lachenden Augen. Mir ging es nicht gut, weil ich wahrscheinlich etwas Schlechtes gegessen habe. Deswegen musste mein armer Mann mit drei Kindern Schuhe kaufen. Ich war also mal einen Vormittag allein zu Hause. Was mein Mann mir heute Abend, nach der Shoppingtour erzählt hat, hat mich zu diesem Artikel inspiriert. Es geht um Kinderwägen, die sich begegnen.

Armer Mann

Ja, das ist er. Aber erst mal der Reihe nach. Begonnen hat alles damit, dass die Zeit vergeht. Wie jedes Jahr wird es im Herbst kühler und feuchter. Parallel dazu sind unsere Kinder gewachsen. Also gabs bei uns eine kleine Schuhmodenschau. Jedes Kind hat die Herbst und Winterschuhe vom Vorjahr probiert. Ergebnis: Zu klein mit einer Ausnahme. Bei den Winterstiefeln der Ältesten bin ich letztes Jahr ein bisschen sehr vorausschauend bei der Größe gewesen. Die passen noch. Und die Kleinste hat zumindest Übergangsschuhe. Hohe Sportschuhe, die ihre ältere Schwester sehr selten getragen hat. Nachdem jedes Kind ein paar Winterstiefel und ein paar Übergangsschuhe haben muss, benötigen wir, abzüglich der zwei noch passenden Schuhe 4 Paar. Am schlimmsten hat es dabei meinen Sohn getroffen, der brauchte zwei Paare.

Plan ist Plan

Wir haben oft viel vor, oder anders gesagt, wir sind nicht uneingeschränkt spontan. Irgendetwas ist immer und deswegen planen wir ganz gerne. Für heute stand eine kleine Einkaufsreise an. Nachdem ich am Schuhekaufen im näheren Umfeld verzweifelt bin, haben wir einen Ausflug in ein Designer-Outlet geplant. Bei Kinderschuhen spielt der Preis zwar die gleiche Rolle, wie bei allem anderen, ich habe aber schlechte Erfahrungen mit billigen Schuhen. Also sind 40-50€ pro Paar Schuhe durchaus OK und da kann man im Designer-Outlet schon was bekommen. Nachdem ich allerdings heute doch etwas spontan war und kurzfristig absagen musste, hat mein Mann es allein durchgezogen. Unsere Termine haben irgendwie immer so einen Jetzt-oder-Nie-Charakter. Die nächsten Wochenenden geht es sich nicht aus, unter der Woche ist das Zeitfenster nach der Arbeit einfach zu klein für drei Schuhkäufe und der Winter steht vor der Tür.

Hut ab

Für den Entschluss kann man ihn nur bewundern. Nicht allein, dass eine 40-minütige Anreise mit drei Kindern allein im Auto schon recht anstrengens ist, auch das Shoppen ist alleine schon mühsam. Drei Kinder heißt Zwillingswagen. Also etwa 80 kg Gesamtgewicht auf vier Doppelrädern mit einem Wendekreis, der größer ist, als mancher Laden im Outlet. Außerdem potentiell 6 kleine Hände und Füße, die irgendwo rausragen und nach Schuhen und anderen Dingen greifen und treten. Shopping auf dem Niveau ist ein bisschen wie Krieg, also vielleicht keine schlechte Idee mit so einem Panzer aufzufahren. Soviel zur Vorgeschichte, oder vielleicht noch kurz zum Ergebnis. Keine 4, aber immerhin 3 Paar schöne Schuhe zu einem Durchschnittspreis von leicht unter 50€. Nicht ganz die Schnäppchen, die ich erwartet habe, aber tolle Schuhe. Mit einem paar goldenen Sketchers, die vorne auch noch leuchten, wenn man geht hat mein Mann das Herz der Ältesten gewonnen. Ausnahmesweise mal ein Foto von den Füßen meines Kindes, das er mir aus dem Laden geschickt hat.

Goldene Schuhe
Jeden Tropfen Schweiß, verlorene Lebensjahre und graue Haare wert – goldene Schuhe für unser Kind

zum Thema

Aber eigentlich wollte ich ja garnicht vom Schuhe kaufen schreiben, sondern über eine Beobachtung, die mein Mann gemacht hat. Nach 3 Stunden Slalomfahren in etwa 30 engen Geschäften hat er ein Resümee gezogen. In Läden, in denen keine Kinderschuhe verkauft werden sind die anderen Kunden wesentlich rücksichtsvoller, wenn man mit dem Kinderwagen kommt. Ich bin mir sicher, dass mein Mann das richtig beobachtet hat. Er hat davon erzählt, dass er laufend in schwierigen Situationen mit anderen Kinderwägen war, die in den engen Geschäften ähnliche Probleme hatten, wie er. Es sind zwar Buggies nicht mit unserem Flagschiff im Kinderwagenfuhrpark zu vergleichen, aber auch ein kleiner und leichter Wagen ist auf ein wenig Manövrierfläche angewiesen um zu funktionieren. Allerdings scheinen auch die Eltern ohne Kinderwagen weniger rücksichtsvoll zu sein, wie augenscheinlich kinderlose Menschen.

Theorien

Wir haben dann einige Theorien durchdacht, warum Leute, die selbst Kinderwägen fahren, anderen nicht rücksichtsvoll begegnen und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie es wahrscheinlich nicht anders gewohnt sind. Dass jemand Rücksicht auf einen Kinderwagen nimmt, ist leider oft die Ausnahme. Mittlerweile gehen unsere Kinder in die Kita und ich kann Besorgungen alleine machen, aber es ist nicht leicht mit einem Kinderwagen zu manövrieren. Der Alltag mit kleinen Kindern bedingt oft Pausen um irgendetwas in Ordnung zu bringen. Also bleibt man mit dem Kinderwagen stehen, wendet sich dem daneben laufenden Kind zu, oder kümmert sich um eines, das im Wagen sitzt. Sicher ein Problem für andere Passanten, speziell an engen Stellen, aber einfach nicht anders durchführbar.

Klar kann man immer auf die Seite fahren, den Wagen dort absichern und versuchen niemanden zu stören. Aber in der Hitze des Gefechts würde so ein Umweg hundertmal mehr Zeit in Anspruch nehmen, als einfach stehen zu bleiben. Ist man mit drei Kindern unterwegs müsste man das alle 20 Meter machen. Ist man in einem Laden muss man den Wagen abstellen. Ihn an ein Regal zu stellen, damit er nicht im Weg steht, ist eine schlechte Idee. Also steht der Wagen immer eine Kinderarmlänge weg vom Regal. Dass solche Umstände Kinderwägen nicht sympathischer machen, kann ich nachvollziehen.

Begegnungsverkehr

Läuft man mit dem Kinderwagen in der Fußgängerzone lang, dann gibt es ganz unterschiedliche Menschen. Viele nehmen ein wenig Rücksicht und machen ein wenig Platz, dass man mit dem Kinderwagen vorbeikommt. Andere nehmen keine Rücksicht. Unser Kinderwagen mit, nach dem Einkauf, wahrscheinlich mehr als 80kg Gesamtgewicht ist einfach nicht wendig. Rollt er einmal, dann ist er nur mit ein wenig Kraft zu lenken. Mit einer Hand geht das auf keinen Fall. Läuft man auf einem Bürgersteig, der gemeinerweise abschüssig ist, dann ist es ohnehin schon schwer, die Spur zu halten. Weicht dann ein Fußgänger nicht aus, hat man ein Problem. Was viele nicht bedenken ist, dass der Kinderwagen mehr Platz braucht, als er breit ist. Die Kinder strecken gerne mal Extrememitäten nach allen Richtungen. Fährt man zu nahe an Hausmauern, oder Baustellenzäunen, dann kann das zu Verletzungen, oder zumindest zu dreckigen Fingern führen.

Kinderwägen und Frust

LenkerInnen von Kinderwägen sind es also gewohnt, sich durchsetzen zu müssen. Wahrscheinlich ist es so, dass sie dann, wenn sie mal keinen Kinderwagen mithaben, unbewußt genauso rücksichtslos sind, wie alle anderen. Oder sie sind es einfach gewohnt Vorfahrt zu haben. Auf jeden Fall sollte es auch auf dem Bürgersteig Vorfahrtsregeln geben. Als erste Regel würde ich die Größe der Gruppe für die jemand die Verantwortung trägt verwenden. Also kommt Kita-Ausflug vor Großfamilie, vor Mama mit Kind. Treffen zwei Gleichrangige aufeinander, dann würde ich Kinderwagen vor Füßgänger sehen. Also Mutter mit allen Kindern im Wagen darf vor der Mutter fahren, die ein Kind nebenher laufen lässt. Ist das auch gleich, dann wird es schwierig. Eines ist allerdings völlig klar. Leute ohne Kinder haben immer Nachrang.

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