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Alle krank – Wir können es doch noch

Im Laufe der Jahre haben wir viel mitgemacht. Wir waren in etlichen Krankenhäusern, haben Nächte auf Kinderstationen verbracht, zwei geplante Operationen erlebt und unterm Strich wahrscheinlich 6 Monate im Wartezimmer bei unserer Kinderärztin verbracht. Dazu eine lange Liste an Fachärzten für verschiedenste Körperteile. Das ist, wenn die Kinder klein sind, ganz normal. Untersuchungen sind vorgegeben, sie müssen geimpft werden und kaum kommen sie in den Kindergarten, geht es ohnehin los. Da bringen sie alles mit nach Hause, was es an Bakterien und Viren da draußen gibt. Also verbringt man Tage, Wochen und manchmal auch Monate daheim, weil eines der Kinder krank ist. So weit, so gut. Nur ist das in einem Haushalt mit drei Kindern etwas schlimmer, als wenn man nur ein Kind hat. Im Idealfall wird so ein Einzelkind krank, ist dann ein paar Tage daheim und schließlich wieder genesen. Toll! Bei uns sieht das leider anders aus. Der erste wird krank und fiebert. Kaum zeichnet sich Besserung ab, wird das nächste Kind krank. Nicht nur, dass sich ein Krankheitserreger breit macht und die Gesundheit des Kindes beeinträchtigt. So eine Krankheit hat eine Vorgeschichte. Da ist das Kind zumindest ein paar Tage schlecht drauf. Zum Glück sind meine Kinder mittlerweile größer und ihre Gesundheit ist stabiler. Dachte ich.

Der Fels bröckelt

Diesmal hat sich ein heimtückischer Virus bei uns eingeschlichen und uns von einer Seite überrascht, mit der wir nicht gerechnet hätten. Jahrelang haben wir hier alle schwerste Krankheiten durchlebt, nur mein Mann hat sich maximal zu einem kleinen Schnupfen hinreißen lassen. Sein Immunsystem hat uns etwas voraus. Seine Erklärung dafür ist, dass er in Wien aufgewachsen ist und wohl in seiner Kindheit allen Krankheitserreger, die in Wien ihre Runden drehen, schon mal begegnet ist. Wie auch immer, er war unser Fels in der Brandung und hat uns durch manche Quarantäne begleitet, ohne selbst krank zu werden. Diesmal hat aber ein offensichtlich heimtückischer Virus ihn erwischt. Er ist viel unterwegs und trifft viele Menschen. Dabei hat ihn wohl jemand angesteckt. Das Ergebnis war eine Infektion, die sich über fast zwei Wochen erstreckt hat. Erhöhte Temperatur und Fieber durchgehend über zwei Wochen. Zuerst hat es so ausgesehen, als wäre er der Einzige, aber man kann davon ausgehen, dass ein Virus, der das Immunsystem meines Mannes bezwingt, auch vor dem Rest der Familie nicht Halt macht.

Virendomino

Es kam, wie es kommen musste. Zuerst hat er es geschafft, mich anzustecken. Die letzten 10 Tage bin ich auf Autopilot gewesen. Mit leichtem Fieber habe ich das Nötigste im Haushalt erledigt und viel geschlafen. Danach hat es unsere Älteste erwischt. Auch hier das gleiche Bild. Keine Symptome, außer Fieber und später Bauchschmerzen. Der Hausarzt hat bei meinem Mann auf Corona getippt, allerdings haben drei negative Tests dagegen gesprochen. Nachdem wir die Krankheit mittlerweile kennen, sind wir mit unserem Sohn erst gar nicht zum Arzt gegangen. Es ist viel los in den Arztpraxen und die Wahrscheinlichkeit, dass man sich mit neuen Krankheiten ansteckt, während man wartet, ist hoch. Außerdem wissen wir mittlerweile, was ein Arzt sagt. Es ist ein Virus und man kann nicht viel machen. Mein Sohn ist sehr selten krank. Er hat das, was bei den anderen 10 Tage gedauert hat auf 3 Tage komprimiert. Dazu einen Tag mit extremen Bauchkrämpfen und am nächsten Tag war er wieder fit.

Das Beste zum Schluss

Ein Mitglied unserer Familie hat noch gefehlt. Bis gestern. Mein Mann ist mittlerweile wieder fit und ich habe heute meinen ersten fieberfreien Tag hinter mir. Die Älteste und unser Sohn werden morgen wieder zur Schule gehen. Es sieht also so aus, als ist da ganz hinten am Ende des Tunnels ein kleiner Lichtpunkt und wir steuern wieder auf Normalbetrieb zu. Dummerweise gibt es da noch die Kleinste. Sie war in den drei Wochen unserer Krankheit tageweise etwas schlecht drauf und wir haben sie zweimal daheim gelassen. Es hat sich aber beide Male als falscher Alarm herausgestellt. Sie geht sehr gerne zum Arzt und freut sich über jede Form der Aufmerksamkeit. Das hat sie an diesen beiden Tagen ausgelebt. Nachdem es recht wahrscheinlich war, dass sie krank werden würde, haben wir es ihr zweimal abgekauft. Aber gestern hat es sie dann auch getroffen und man muss sagen, sie hat es am schlimmsten erwischt.

41 Fieber

Gestern Abend hat die Kleine innerhalb von zwei Stunden extremes Fieber bekommen. Über 40 und auch keine Besserung nach dem Fiebersaft. Erst eine Stunde, nachdem sie ihn bekommen hatte, ist das Fieber endlich gesunken und sie konnte gut schlafen. Heute Morgen wieder 40,5 und am Nachmittag Höchstwert 41,3. Temperaturen, die wir selten auf unserem Thermometer sehen. Obwohl wir wissen, worum es geht, haben wir zur Sicherheit den Ärztenotdienst gerufen. Nach 4 Stunden ist eine sehr nette junge Ärztin gekommen, die uns, wenig überraschend, dasselbe gesagt hat, wie der Arzt, der meinen Mann und die Älteste untersucht hat. Lunge frei, Hals in Ordnung, alles gut. Bis auf das Fieber und einen leichten Husten. Dreimal täglich Fiebersaft mit Ibuprofen und bis zu viermal noch Paracetamol sollen wir ihr geben.

Wie in alten Zeiten

Ich hatte es schon fast vergessen, wie das ist. Fast hätte ich geglaubt, dass wir diese Phasen von Krankheiten, die die Runde machen, hinter uns haben. Falsch gedacht. Wir können das genauso gut, wie früher. Fast noch besser, denn eine 13-Jährige mit leichtem Fieber ist fast ein wenig anstrengender als eine 5-Jährige. Während das kleine Kind jammert und viel schläft, besetzt das ältere Kind das Wohnzimmer und nervt die Familie mit Binge-Watching von seltsamen Serien. Alles in allem ist es anstrengender als früher. Vor allem, wenn man selbst auch ziemlich krank ist, kommt man sehr schnell an seine Grenzen. Dazu kommt die Zeit, die die Kinder in der Schule verpassen. Das war zu Kindergartenzeiten auch anders.

Nachbereitungsphase

Heute muss ich, wenn ein Kind krank ist, in der jeweiligen Schule anrufen. Die Kinder müssen sich irgendwie selbst darum kümmern, was an Stoff durchgenommen wurde. Nachdem sie wieder zur Schule gehen, müssen sie seitenweise nachschreiben und sich den Stoff, den die Lehrer geduldig unterrichtet haben, selbst aneignen. Das Dumme dabei ist, dass die Lehrer keine Rücksicht nehmen können, dass jemand eineinhalb Wochen gefehlt hat. Sie machen im Stoff weiter und bauen eifrig auf das auf, was die Kinder verpasst haben. Das kann sich im Laufe von ein paar Wochen ziemlich auf die schulische Leistung auswirken, wenn man nicht konsequent dagegen arbeitet. Also sitzt man, nachdem man drei Wochen in der Wohnung eingesperrt war, dann auch noch Abend für Abend am Esstisch und müht sich mit Wurzelziehen und der Frage, ob irgendwas durch irgendwas teilbar ist ab. Genau das, was ich mir nach so einer Phase wünsche.

Familie am Limit

Die Wochen der Krankheit sind auch eine Bewährungsprobe für die Familie. Auf der einen Seite Eltern, die angeschlagen und müde sind. Ein Kind krank. Die anderen beiden mit einem unbändigen Bewegungsdrang, den sie am liebsten in der Wohnung ausleben. Eine sehr fordernde Situation, die uns wieder einmal an unsere Grenzen geführt hat. Fünf Personen, die auf relativ engem Raum zusammengesperrt sind und Fieber ist eine schlechte Kombination. Jedes Kind für sich braucht Aufmerksamkeit und Zeit. Man muss sich in aller Ruhe zusammensetzen und Dinge unter vier Augen besprechen, damit die Situation nicht eskaliert. Hat man selbst nicht die Kraft dazu, dann eskaliert es eben. Also haben wir uns in den letzten Tagen immer wieder in die Haare gekriegt.

Familienarbeit

Was mir diese Phase wieder vor Augen geführt hat, ist die Notwendigkeit, ständig am Zusammenhalt und dem Funktionieren der Familie zu arbeiten. Kinder sind impulsiv, ungeduldig und im Grunde egoistisch. Lässt man sie diese Charakterzüge ausleben, dann führt das ins Chaos. Es braucht Eltern, die dem Familiengefüge Halt geben. Da muss man Impulse abfangen und umleiten. Man erklärt dem Nachwuchs, dass etwas nicht wirklich sofort passieren muss, sondern es besser ist, noch einmal darüber zu schlafen und man ermahnt die Kinder zu Empathie und Zusammenhalt. Fehlt diese Kraft, dann ist das Zusammenleben zum Scheitern verurteilt. Es gibt zwangsläufig Interessenskonflikte, die zu echten Konflikten ausgebaut werden, wenn man sie nicht kontrolliert. Diese Aufgabe erledigen wir als Eltern quasi nebenbei. Dabei sind wir ein gutes Team. Allerdings führt eine solche Ausnahmesituation auch uns und unsere Teamfähigkeit an ihre Grenzen.

Eskalation

Als Elternteil hat man in dieser Situation eine enorme Belastung. Man ist krank und würde am liebsten den ganzen Tag in Ruhe und mit Schlafen verbringen. Gleichzeitig gibt es Aufgaben, die man nicht so einfach ein paar Wochen liegen lassen kann. Mein Mann muss mit einem halben Auge immer wieder auf seine Mails schauen und auch im Krankenstand mit dem einen, oder anderen Kollegen sprechen. Fünf Personen machen, auch wenn sie krank sind und das Haus nicht verlassen, viel Wäsche schmutzig. Die muss ich waschen. Außerdem wollen alle etwas essen, die Jausenboxen derjenigen, die noch schulfähig sind, müssen gefüllt werden und am Nachmittag muss man die Hausübungen moderieren. Kinder nehmen wenig Rücksicht darauf, dass die Eltern krank sind. Liegen dann noch kranke Kinder herum und wollen umsorgt werden, dann führt das langsam aber sicher zu einer Überlastung. Das Ergebnis ist dann eine Eskalation.

Desintegration

Die angespannte Lage hat schließlich auch dazu geführt, dass Spannungen zwischen uns Eltern entstanden sind. Ich finde es unfair, dass die Kinder ständig nach mir rufen, statt nach ihm. Er steht auf dem Standpunkt, dass ich die Kinder damit verwöhne, wenn ich auf jede Bitte reagiere. Dazu geteilte Meinung über die Krankheit der Kinder. Mein Mann bleibt in solchen Situationen immer betont ruhig und wartet, bis er eine Entscheidung trifft. Ich bin da wesentlich impulsiver und würde sofort mit dem Uber ins Krankenhaus fahren, wenn er mich nicht aufhalten würde. Die Unterschiede im Charakter gibt es immer. Normalerweise ergänzen sie sich und machen uns zu einem guten Team. In Zeiten großer Anspannung klappt das aber nicht. Klar wäre es kein Vorteil, wenn wir beide und zurücklehnen und abwarten, wie mein Mann es bevorzugt. Es wäre auch nicht wirklich schlau, wenn wir beide impulsiv sofort etwas überreagieren würden, so wie ich das gerne mache. Wir leben davon, dass wir einen Mittelweg finden. Er bremst mich und ich treibe ihn an. Das ergibt eigentlich ein ausgezeichnetes Tempo. Normalerweise.

Kraft schöpfen

Jetzt ist es eigentlich an der Zeit Kraft zu schöpfen und den Alltag wieder zu etablieren. Dummerweise liegt eine 9-Jährige mit, auf 38 Grad gesenktem Fieber im Kinderzimmer und schläft. Sie wird wohl zumindest eine Woche krank sein. Die Zeit zum Kraft schöpfen ist also noch nicht gekommen. Allerdings ist es zumindest absehbar. Eigentlich bin ich ganz zufrieden damit. Die beiden Älteren werden morgen wieder zur Schule gehen und mein Mann geht arbeiten. Ich kann mich also Vormittags noch ausruhen und bin mit der Kleinsten alleine. Sie bekommt die Aufmerksamkeit, die sie braucht und ich kann mich entspannt auf mein Einzelkind auf Zeit konzentrieren. Und nicht zuletzt ist der Fernseher wieder frei. Also kann ich jetzt Binge-Watching mit meinen Serien veranstalten.

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