Endlich Ferien! - 9 Wochen Langeweile auf kinderalltag.de

Endlich Ferien! – 9 Wochen Langeweile

Also so ganz verstehe ich nicht, wie Schulen funktionieren. Ja, natürlich machen die meisten Lehrer einen tollen Job und natürlich ist es nicht so, dass sie am Nachmittag freihaben. Da bereiten sie Unterricht vor, korrigieren Arbeiten und bringen sich auf den neuesten Stand. Alles wunderbar und kein Grund für Kritik, oder Neid. Trotzdem ist die Zeit vor den Sommerferien irgendwie komisch. Es passiert nichts mehr. Die Kinder werden mit verschiedenen Aktivitäten unterhalten und man überbrückt die letzten Tage bis zur Zeugnisverteilung. Danach starten die wohlverdienten Ferien. In Österreich sind das 9 Wochen. Schön für die Kinder, aber sehr anstrengend für die Eltern. Heute ist der fünfte von 65 Tagen und ich kann es nicht erwarten, dass die Schule wieder beginnt. Was macht man 9 Wochen lang mit drei Kindern daheim?

Die letzten Wochen

Statt dazu zu stehen, dass es in den letzten beiden Wochen eben nichts mehr gibt, was die Kinder noch lernen könnten, werden von den Schulen Ausflüge, Museumsbesuche, Filmvorführungen und sonstiger Zeitvertreib geplant. Für Außenstehende sieht das so aus, als bräuchte das System Schule 2 Wochen Zeit, um jedem Schüler ein Zeugnis auszudrucken. Vielleicht war das vor 40 Jahren noch ein Thema. Da mussten die Lehrer den Namen und ihre Noten handschriftlich eintragen und das Ganze dann unterschreiben. Dazu gab es sicher eine Kontrolle durch die Schulleitung. Dort wurde gewissenhaft geprüft, unterschrieben und gestempelt. Das dauert natürlich. Aber heute? Ich könnte mich irren, aber ein moderner Drucker schafft zwischen 20 und 70 Seiten pro Minute. Für eine mittelgroße Schule würde das Gerät also etwa deutlich unter 15 Minuten brauchen. Rechnen wir drei Papierstaus und einen Tonerwechsel dazu, dann bleibt man immer noch in einem Bereich von weniger als einer Stunde. Warum vergehen also zwei Wochen mit Anwesenheitspflicht, in denen alle Noten feststehen und eigentlich alles für die Zeugnisverteilung bereit sein sollte?

Ende des Schulstress

Es ist nett und fördert die Klassengemeinschaft, wenn man gemeinsam Ausflüge macht. Zwar ist es während einer Hitzewelle nicht immer so lustig, wie es sein könnte, wenn man bis in die Mittagsstunden im Park spielt, aber im Grunde eine gute Sache. Gleichzeitig reduziert sich auch die Last, die auf den Schultern der Kinder während der Schulzeit liegt. In der letzten Phase stehen die letzten Schularbeiten und Prüfungen an. Die Lehrer müssen sich ein Bild machen, oder das bestehende Bild komplettieren, damit sie eine faire Beurteilung vornehmen können. Das erhöht den Druck auf die Schülerinnen und Schüler. Dann kommt der Tag, an dem die Noten festgeschrieben werden. An dem Tag endet der Unterricht früher und danach ist alles anders. Aus voller Fahrt, also nach einer Phase voller Prüfungen und Wiederholungen, die zusätzlich zu den Hausaufgaben gemeistert werden müssen, kommt es zu einem kompletten Stopp. Von einem Tag auf den anderen brauchen die Kinder nicht einmal mehr eine Schultasche. Die Erholung beginnt.

Entschleunigung

Die Erholung ist für die Kinder dringend nötig. Die Älteste ist mitunter bis 23 Uhr über ihren Büchern gesessen und hat sich auf Wiederholungen und Prüfungen vorbereitet. Auch bei den beiden Kleinen gab es einige Leistungsüberprüfungen, die Vorbereitung erfordert und Druck erzeugt haben. Also haben die Kinder dankbar den Druckabfall angenommen und erst mal eine, oder zwei Wochen nichts getan. Nach der Schule trifft man sich mit Freunden und daheim liegt man entspannt auf seinem Bett und checkt die neuesten Videos auf verschiedenen Plattformen. Dumm nur, dass die Kinder sich wirklich schnell erholen. Sie brauchen höchstens ein paar Tage, bis sie ihre Energiespeicher wieder aufgeladen haben. Danach schleifen die Lehrer sie bei 40 Grad in den Park, oder durch die Stadt und sie sind froh, dass sie dann Nachmittag noch ein paar Stunden Ruhe haben. Bis zum Zeugnistag sind sie also noch nicht so ganz unausgelastet, sondern zumindest irgendwie beschäftigt und froh, wenn man sie nicht anspricht. Das ändert sich am letzten Schultag.

Die große Pause

Fassen wir zusammen. Die Kinder hatten Schulstress. Dann sorgt die Schule mit einer zweiwöchigen Cooldown-Phase dafür, dass das Stresslevel sinkt. Dann, wenn die Kinder keine Erholung mehr brauchen und es nichts mehr zu tun gibt, werden sie von der Schule in die Hände der Eltern gegeben. Toll! Endlich eine Aufgabe. Ich muss mir jetzt also überlegen, was ich 65 Tage lang mit den drei Kindern anstelle. Die Älteste ist dabei am wenigsten fordernd. Hier regt sich zuerst mein schlechtes Gewissen, wenn sie den ganzen Tag mit dem Handy auf ihrem Bett liegt und sich auf den neuesten Stand bringt. Die Jüngste ist auch noch zu ertragen. Sie möchte gerne etwas unternehmen, versteht aber, wenn das nicht ständig möglich ist. Mein Sohn hat weniger Verständnis. Er fragt als erstes, welches Tagesprogramm geplant ist und reklamiert dann, dass es voraussichtlich ein langweiliger Tag wird. Wir waren am Zeugnistag in einem kleinen Vergnügungspark, waren dann zwei Tage in unserem Ferienhaus in Ungarn und am Plattensee schwimmen und haben jetzt zwei Tage daheim verbracht. Gestern Abend waren wir noch ein wenig schwimmen. Unterm Strich haben wir also an 4 der 5 Tage zumindest eine Aktivität gesetzt.

Langeweile

Trotzdem fühlen die Kinder sich unterfordert. Die meisten Freunde sind unterwegs. Es ist billiger, direkt am ersten Wochenende wegzufliegen, also sind viele schon mal in Urlaub. Es gibt also wenig Möglichkeiten für meine Kinder, sich mit jemanden zu treffen. Dazu kommt, dass es momentan einfach unglaublich heiß ist. In der Wohnung nähern sich die Temperaturen im Laufe des Tages einem Niveau, das die Reizbarkeit bei allen erhöht. Die Kombination aus Langeweile und Reizbarkeit ist eine explosive Mischung. Also verbringe ich meine Tage momentan damit, den Kindern Angebote zu machen, die sie ablehnen. Ich überlege mir eine Schnitzeljagd zu gestalten und sie einmal quer durch die Stadt zu schicken, werden mit ihnen die verschiedenen Parks und Spielplätze besuchen und verschiedene Bäder testen. Dazu gibt es Museen und andere kindertaugliche Freizeitaktivitäten. Allerdings ist Kind eben nicht gleich Kind.

Inhomogene Gruppe

Die Jüngste ist sehr an sozialen Kontakten interessiert und hat Freude daran, wenn man ihr Zeit schenkt. Sie bewegt sich nicht extrem viel, nutzt aber Bewegungsangebote. Insgesamt ist sie weniger ausdauernd, als die anderen beiden und ist schnell mit den Spielgeräten an einem Spielplatz durch. Mein Sohn strotzt vor Energie. Er kann sich stundenlang bewegen, trainiert, läuft, spielt Ball und ist für alles zu begeistern, das ihn körperlich fordert. Die Älteste bewegt sich gerne und ausdauernd. Sie will aber auch intellektuell gefordert werden und viel reden. Sie ist zwar noch kindisch, aber für einen klassischen Spielplatz eigentlich schon zu alt. Dazu komme ich, die sich bei Temperaturen über 10 Grad nicht mehr wohlfühlt. Wir sind also eine sehr inhomogene Gruppe und es gibt wenig Überschneidungen. Eine Freizeitgestaltung zu finden, die allen gleichermaßen Freude macht, ist unmöglich. Zumindest nicht auf Dauer. Es ist nett mit den Kindern schwimmen zu gehen, aber nach 30 Minuten ist die Jüngste eigentlich fertig damit, während die beiden anderen noch 6 Stunden weitermachen könnten. Geht man in ein Museum, dann kommt die Älteste auf ihre Kosten, stellt tausend Fragen und lässt die Exponate auf sich wirken, während die beiden anderen auf der Suche nach einer Möglichkeit, etwas anzufassen, oder auf etwas zu klettern, durch die Ausstellung hetzen.

Wie geht das?

Es ist also herausfordernd, mit allen meinen Kindern ein Programm zu finden, das sie gleichermaßen beschäftigt und unterhält. Als Elternteil ist man in dieser Situation schnell überfordert. Dabei habe ich beste Voraussetzungen. Ich muss nicht zur Arbeit und meine Kinder sind mittlerweile so alt, dass sie auch mal unbeaufsichtigt etwas machen können. Wäre ich berufstätig und könnte meine Kinder nicht alleine lassen, dann hätte ich ein unlösbares Problem. So kann ich sie auch mal rausschicken. Aber wie machen das andere Eltern? Wie soll man 9 Wochen Kinderbetreuung organisieren? Auch wenn die Eltern sich die Zeit teilen, müssten beide fast ihren kompletten Jahresurlaub für die Kinderbetreuung im Sommer opfern. Schon klar, dass man Kinder auch fremdbetreuen lassen kann, aber 9 Wochen Kinderbetreuung für 3 Kinder ist kostspielig. Über Tipps wäre ich sehr dankbar!

Aushalten

Es bleibt also, die Unzufriedenheit der Kinder auszuhalten. Statt mich selbst unter Druck zu setzen, ihnen Tag für Tag ein einzigartiges spannendes Programm zu bieten, muss ich akzeptieren, dass ich das nicht leisten kann. Ich bin keine Kinderanimateurin und nur weil die Schulen jetzt ein paar Wochen geschlossen sind, kann ich nicht meine ganze Arbeit einfach liegen lassen. Ich muss hier die Kritik der Kinder aushalten und mir nicht so viel Druck machen lassen. Es ist nicht lustig, daheim zu sein und nichts zu tun zu haben, aber ich denke, man darf auch ein wenig Mitarbeit der Kinder erwarten. Sollen sie sich doch beschäftigen, sich etwas ausdenken und selbst ein ihre Freizeit gestalten. Nachdem es drei Kinder sind, haben sie unendliche Möglichkeiten, etwas gemeinsam zu tun. Dass man alleine nicht gut Ball spielen kann, ist eine Sache, dass man das mit seinen beiden Geschwistern nicht kann, ist etwas anderes. So könnten die Sommerferien doch noch etwas Gutes haben.

Teambuilding

Drei Kinder in unterschiedlichem Alter, mit unterschiedlichen Interessen haben zwangsläufig ständig Differenzen. Ich bemühe mich ständig darum, sie an einem Strang ziehen zu lassen. Das gelingt mal besser, mal weniger gut. Vielleicht kann ich die Sommerferien dazu nutzen, sie zusammenzuschweißen. Gelingt es mir, ein Beschäftigungsprogramm zusammenzustellen, dass alle drei interessiert und bei dem sie auch noch gefordert sind, sich gegenseitig zu helfen, dann wäre das ideal. Dass sie mehr zueinander finden, müsste von der Ausgangssituation ja recht einfach sein. Schließlich haben alle Drei dasselbe Problem. Ihnen ist langweilig. Ich werde versuchen, diese Gemeinsamkeit auszuschlachten und den Drei Aufgaben zu geben, die sie nur gemeinsam lösen können. So gesehen können die 9 Wochen auch der Ausgangspunkt für einen tollen Sommer und ein ordentliches Miteinander sein. Ich werde mir erst mal eine Schnitzeljagd ausdenken. Die Kinder sollen in den Tagen, an denen es kein anderes Programm gibt, Aufgaben lösen, die ich Ihnen in Kuverts stelle. Es gibt in Wien in den Ferien freie Fahrt bei den öffentlichen Verkehrsmitteln für Schulkinder. Damit kann ich sie von einem Ende der Stadt zum anderen schicken und ihnen dabei knifflige Aufgaben stellen. Das klingt nach einem spannenden Projekt und sollte, wenn ich es richtig anstelle, auch den Kindern viel Spaß machen. Mal sehen, ob mir das gelingt.

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