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Stolz sein, oder nicht? Eine philosophiesche Grundatzdiskussion

Stolz sein, oder nicht?

Ich hatte mit meinem Mann eine kleine Diskussion zum Thema Stolzsein auf die Kinder. Wenn ein Kind plötzlich etwas kann, oder Verhaltensweisen ablegt, dann ist man als Mutter, oder als Vater stolz. Auch wenn die Kinder, später im Leben, auf eigenen Beinen stehen und ihr Leben erfolgreich meistern können die Eltern sehr zufrieden sein.

eine philosophische Frage

Ich habe heute, meinem Mann gegenüber, erwähnt, dass man auf unseren Sohn sehr stolz sein kann. Er hat sich in den letzten Wochen und Monaten vom Sehr-Kleinkind zum Kleinkind entwickelt. Er spricht, er geht auf Toilette und er trinkt kein Fläschchen mehr. Grund genug stolz sein zu können. Die Diskussion danach habe ich nicht erwartet, finde sie aber sehr interessant. Interessant genug um einen eigenen Beitrag dazu zu verfassen.

entwickeln, oder entwickeln lassen

Die Grundfrage unserer Diskussion war, ob es die Leistung des Kindes, oder die Leistung der Eltern ist, die man beobachtet. Konkret ging es darum, ob unser Sohn selbst begonnen hatte zu sprechen, oder ob es unser Verdienst war, dass er es endlich gelernt hat. Auf der einen Seite kann man natürlich sagen, dass das Kind seine eigene Neugier entwickelt und zusammen mit der eigenen Intelligenz Dinge lernt. Es begreift, versteht und kombiniert um mit einer neuen Erkenntnis, oder eine neuen Fähigkeit aus der Situation herauszugehen.  Andererseist kann man die Leistung der Eltern natürlich auch nicht ignorieren. Man schafft zumindest die Rahmenbedingungen unter denen sich das Kind entwickelt. In den meisten Fällen wird man aber auch etwas dazu beitragen, dass eine Entwicklung stattfindet. Wem gebühren also die Lorbeeren, wenn ein Kind sich toll entwickelt?

tolles Kind

Geht man einmal davon aus, dass dem Kind alleine der Verdienst, etwas Neues gelernt zu haben, oder erfolgreich zu sein, angerechnet werden kann, dann ist das ein wenig seltsam. Es würde bedeuten, dass wir als Eltern eigentlich keinen wirklichen Grund haben, auf das Kind stolz zu sein. Es bringt alles aus eingener Kraft zustande und egal was wir, als Mutter oder Vater, falsch machen, es wird seinen Weg gehen. Erfrischend an dieser Sicht ist höchstens, dass man dann, wenn das Kind im Leben, oder auch nur bei einer kleinen Entwicklung, komplett versagt, auch nicht traurig sein muss. Ist der Kleine eben eine Flasche 😉

tolle Eltern

Schöner ist es allerdings, wenn man alles darauf zurückführt, dass man als Elternteil so perfekt gearbeitet hat. Lernt das Kleine früh zu gehen, spricht akzent- und sprachfehlerfrei, fährt souverän Fahrrad und startet seine Schulkarriere so, dass man schon erkennt, dass es einmal zumindest einen Doktortitel tragen wird, dann ist das der eigene Verdienst. Gut, im Umkehrschluss gibt es auch Kinder, die ewig nicht gehen wollen, nur unverständlich daherbrabbeln, Angst vor Fahrrädern und keinen Gleichgewichtssinn haben und in der Schule gleich klarmachen, dass mehr als guter Durchschnitt eher nicht zu erwarten ist. Bei solchen, weniger strahlenden Kindern, können Eltern dann natürlich beginnen an sich selbst zu zweifeln.

Das Gegenteil von stolz

Was ist eigentlich das Gegenteil von Stolz? Es gibt Kinder auf die man stolz sein kann und es gibt die anderen. Oder gibt es diese Kinder nicht? Man kann wahrscheinlich davon ausgehen, dass jede Mutter und jeder Vater auf sein Kind stolz ist. Manche sehr ehrgeizigen Eltern, wie man sie mitunter in Dokumentationen über Frühförderung sieht, ausgenommen sollte doch jede Mutter und jeder Vater auf den eigenen Nachwuchs stolz sein.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Kreißsaal, wenn man endlich das frischgebackene Kind in den Armen hält, jemand beginnt sich das Kind mit nüchternen Augen im Detail anzusehen. Ja, wir haben schon immer wieder gescherzt in der Zeit mit den Kleinen. Aber ernst meint man das nicht. Der wahrscheinlich häufigste Satz, gleich nach „Mein Baby!“, wird nach der Geburt sicher irgendwas wie „ist er/sie nicht das schönste Baby der Welt?“ sein. Jeder freut sich. Auch die Eltern, deren Babies ein bisschen was von Quasimodo und/oder King Kong haben.

So einfach ist das

Jetzt kann man natürlich, so wie mein Mann, darüber philosophieren, dass man als Eltern eigentlich keinen Grund zum Stolzsein hat. Entweder das Kind ist einfach toll, egal was man als Eltern anstellt, oder es ist deswegen so toll, weil die Eltern so toll sind, was aber wieder auch kein Grund zum Stolzsein ist. Vertritt man die Ansicht, dass es an den Eltern liegt, dann muss man konsequent sein. Die Eltern sind dann ja auch nicht so toll, weil sie so toll sind, sondern weil ihre Eltern so toll waren. Das könnte man jetzt bis zum ersten Lurch, der aus der Ursuppe gekrochen ist zurückverfolgen.Das wäre dann eben einfach so.

Ich bin es trotzdem

Trotzdem bin ich stolz wie Oskar, wenn meine Kleinen etwas besonders toll machen. Wenn meine Älteste singt, dass ich Gänsehaut und feuchte Augen bekomme, wenn die Älteste der drei Kleinen mir mit überraschender Logik das Leben erklärt, mein Sohn aus Legoklötzen ein Kunstwerk baut, das ich ihm nicht zugetraut hätte, oder wenn meine Kleineste mir sagt, was sie möchte und dazu ein Wort klar und deutliche ausspricht, das sie noch nie ausgesprochen hat. Ich bin sogar stolz, wenn die Kinder aus erster Ehe meines Mannes Erfolg haben. Ob das jetzt mein Verdienst ist und ich selbst darauf stolz sein kann, ist mir gleichgültig. Ich bin stolz, mit dem begabten, geschickten, schlauen, spachgewandten und wunderschönen Kind verwandt zu sein!

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