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Wie viel ist nochmal 1×1?

Ich weiß nicht genau, ob es in Deutschland auch so ist, aber in Österreich, wo meine Kinder zur Schule gehen, ist gerade eine heiße Phase. Momentan trennt sich die Spreu vom Weizen. Die erste Runde an Schularbeiten und sonstigen Tests ist absolviert und die Termine für die Eltern-Kind-Gespräche und die Elternsprechtage stehen fest. Jetzt kristallisiert sich heraus, ob die Kinder dem Stoff gewachsen sind, oder mit dem einen, oder anderen Fach auf Kriegsfuß stehen. Bei meinen Dreien ist das ganz unterschiedlich. Verlassen kann man sich auf die Älteste. Sie hat den Schulalltag im Griff, lernt gerne und ist auch sonst sehr bestrebt, ihre Aufgaben zu erfüllen. Eine Drei in Mathe, was für sie wirklich sehr schlecht ist, hat auch gezeigt, wie wichtig ihr ihre Noten sind. Meinem Mann und mir sind die Noten tendenziell eher egal. Es mag unsere Aufgabe sein, die Kinder auf das Leben vorzubereiten, aber ich wurde in meiner ganzen beruflichen Laufbahn nie nach Noten gefragt. Die Angabe in welcher Schule ich war und, dass ich sie abgeschlossen habe, war für alle ausreichend. Mein Mann hat ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Also sind wir die Letzten, die Kinder für schlechte Noten kritisieren. Allerdings wissen wir beide auch, dass es besser ist, wenn noch eine Note Puffer zwischen der eigenen Note und einem Ungenügend ist. In Österreich heißt die 5 Nicht genügend. Eine 3 ist also eine sichere Sache, während eine 4 ziemlich knapp am Abgrund liegt.

Leistungsgesellschaft

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Leistung wird belohnt und erwartet. Das beginnt bereits in der Schule und die Schulnoten sind ein Instrument, diese Leistung zu messen. Die Kinder werden verglichen und von guten bis zu schlechten Schülern durchsortiert. Als Vorbereitung auf das Leben taugt dieses System aber wenig. Es hilft den Kindern, sich zu orientieren und ihre Leistung einzuordnen. Den Lehrern ermöglicht es, die Masse an Kindern zu bewerten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Später im Leben wird aber niemand Noten verteilen. Zumindest nicht so, wie in der Schule. Im beruflichen Alltag wird man daran gemessen, wie erfolgreich man seine Aufgabe erledigt. Man bekommt eine Einschulung und muss nicht direkt danach eine Prüfung dazu ablegen. Man lernt im Leben nicht um des Lernens willen. Stattdessen lernt man etwas, um es sofort umzusetzen. Man hat viel Zeit, es zu üben und zu verbessern und viel Freiraum, sich seinen Arbeitsalltag selbst zu gestalten. Steht man nicht gerade an einem Fließband und führt den ganzen Tag vorgegebene Handgriffe aus, kann man selbst entscheiden, wie man seine Arbeit erledigt. Das passt viel eher zu der Tatsache, dass Menschen sehr unterschiedlich sind.

Sicherheit

Aber eines ist klar: Schule ist wichtig. Ich sehe das bei meiner Ältesten. Dort läuft es, wie es gedacht ist. Sie bekommt Informationen zu den unterschiedlichsten Themengebieten und nimmt sie auf. Nachdem sie den Stoff so weit verstanden hat, wird er abgeprüft. Später wird darauf aufbauend weiter gelehrt, oder etwas anderes begonnen. Für meine Tochter bedeutet das, dass sie punktuell viel lernen muss. Andererseits hat sie damit auch kein Problem und sie bewegt sich immer im besten Drittel der Schulnoten. Bei ihr habe ich den Eindruck, dass sie Zusammenhänge begreift und Wissen, das sie schon erworben hat, vernetzt. Bei den beiden Kleineren ist es anders. Die Jüngste leidet an Legasthenie. Einer ausgeprägten Lese- und Schreibschwäche, die auch von der Lehrerin bei der Benotung berücksichtigt werden muss. Aber bei aller Motivation liegt es ihr einfach nicht, sich theoretisches Wissen einhämmern zu lassen. Sie ist schlau und hat ein tolles Gedächtnis. Bei vielen Spielen überrascht sie immer wieder mit strategischem Weitblick und einer sehr schnellen Auffassungsgabe. Sie versteht auch komplexe Spielregeln schnell. Ohne praktische Umsetzung fällt es ihr schwer, sich etwas länger zu merken. Beim Rechnen mit Zahlen hat sie mehr Probleme, als wenn man sie bittet, in Euro zu rechnen.

Faulheit siegt

Mein Sohn ist lerntechnisch ein absoluter Minimalist. Vielleicht kann man ihn in dem Zusammenhang auch als Nihilist bezeichnen, denn Lernen sieht man ihn eigentlich nie. Ihm fehlt eine wichtige Erkenntnis. Er hat den Zusammenhang zwischen Vorbereitung und Ergebnis noch nicht verstanden. Auch wenn ihm das Ergebnis nicht gleichgültig ist und ihn schlechte Noten durchaus ärgern, lernt er daraus nichts. Er macht weiter, wie bisher, nur das absolut notwendige und spaziert am sprichwörtlichen Abgrund entlang. Es gibt ungefähr tausend Dinge, die ihn vom Lernen abhalten und die er stattdessen erledigt. Er wird wahrscheinlich ein paar negative Noten brauchen, um zu erkennen, dass er sich auf dem Holzweg befindet. Momentan kommt er aber irgendwie durch. Mein Mann und ich vermuten, dass er bei Lehrerinnen mit seinem Charme punktet. In der Schule, die er seit Herbst besucht, hat er aber auch einige männliche Lehrer. Ich gehe davon aus, dass er Unterstützung beim Lernen brauchen wird. Wir werden also damit beginnen, Nachhilfe zu organisieren. Einerseits können unsere älteren Kinder helfen und die verschiedenen Fächer mit den Kindern durchgehen. Andererseits gibt es tolle Angebote für Online-Nachhilfe. Schafft man den richtigen Rahmen und reserviert Zeit dafür, dann wird es kein Problem sein, ihn zum Lernen zu bringen.

Fremdpersonal

Man darf nicht unterschätzen, was es ausmacht, wenn die Kinder mit einer fremden Person lernen. Jeder weiß, dass Kinder sich völlig unterschiedlich verhalten können. Sind sie daheim, dann zeigen sie ein Gesicht, das man außer Haus kaum zu sehen bekommt. Gut, dass die Kinder sich daheim so sicher fühlen, dass sie sich natürlich verhalten und nicht angepasst sein müssen. Allerdings ist es nicht hilfreich, wenn man sie zu etwas bewegen will. Arbeitet man mit Druck, dann hat das, was man erzwingt sofort einen negativen Touch. Gerade beim Lernen ist das kontraproduktiv. Dinge, die man nur widerwillig macht, weil man eben muss, macht man sicher nicht voller Freude und Leidenschaft. Auch wenn man es schafft, dass die Kleinen ihre Nasen in die Schulbücher stecken, geht ihnen sicher weder Mathe, noch Englisch, oder Deutsch durch den Kopf. Stattdessen drehen sich ihre Gedanken sicher darum, dass sie in einer Situation sind, die sie nicht mögen. Die Konzentration ist also überschaubar und auch die Motivation ist im Keller. Also bieten wir als Eltern unsere Hilfe an, veranstalten aber keine Nachhilfestunde mit den Kindern. Mit der Kleinsten wird geübt und gelesen, mit dem Mittleren werden die Aufgaben erledigt und die Älteste meldet sich, wenn sie Unterstützung braucht. Zum Lernen greifen wir daher auf haushaltsfremde Personen zurück.

Nachhilfestunde

Vorerst sorgen Halbgeschwister und Freunde dankenswerterweise dafür, dass unsere Kinder in einer Situation lernen, dich sich weniger gezwungen anfühlt. Der Besuch bei jemanden, oder dass jemand vorbeikommt und sich die Zeit nimmt, mit dem Kind zu lernen, wird durchaus positiv aufgenommen. Da kommen wir als Eltern einfach nicht mit. Allerdings haben wir nicht zu jedem Fach eine Expertin, oder einen Experten im Umfeld. Zwar sind die Hauptfächer gut abgedeckt, aber auch viele andere Fächer haben das Potenzial zu einem Problem zu werden. Online-Nachhilfe ist dabei die einfachste Variante. Man spart die Reisezeit. Auch wenn es billiger wäre, auf einen privaten Nachhilfelehrer zurückzugreifen, punkten Nachhilfe-Institute damit, dass sie das Lehrpersonal sorgfältig auswählen. Private Nachhilfe kann jeder geben. Ob die fachliche und vor allem die pädagogische Eignung gegeben ist, ist fraglich. Im Einzelunterricht kann ein guter Lehrer auf die individuellen Stärken und Schwächen der Kinder eingehen. Das ist genau das, was den Schulen heute fehlt.

Pädagogischer Einheitsbrei

Meine drei Kinder haben viele Seiten, die nahezu identisch sind. Andererseits sind sie unglaublich unterschiedlich. Jedes denkt anders und hat einen anderen Zugang zu Themen. Man muss sie dort abholen, wo sie stehen, um ihnen etwas beizubringen. Hat man, so wie die Älteste, das Glück, für die Wissensvermittlung in der Schule gut geeignet zu sein, dann wird man vom Schulunterricht viel mitnehmen. Theoretischer Frontalunterricht ist aber nicht jedermanns Sache. Andere lernen nur, wenn sie Dinge begreifen. Menschen haben ganz unterschiedliche bevorzugte Sinne. Es bringt aber leider nichts, wenn man sich merkt, welchen Pullover die Lehrerin getragen hat, aber den Lernstoff nicht aufnehmen kann. Auditive, visuelle, haptische und viele andere Schwerpunkte machen es den Kindern nicht leicht, sich anzupassen. Zumindest könnte es oft viel einfacher für sie sein. Nur kann man das von den Lehrern in den Schulen nicht erwarten. Mit Klassengrößen um die 30 und nur 50 Minuten Zeit, in denen organisatorisches genauso erledigt werden muss, wie der Lernstoff vermittelt werden soll, gibt es keine individuelle Förderung. Die muss man daheim organisieren.

Lerntypen

Es sieht so aus, als gäbe es für die Existenz unterschiedlicher Lerntypen keinen wirklichen wissenschaftlichen Beweis. Es könnte also sein, dass die Einteilung in die vier Lerntypen ein Mythos ist. Erinnert man sich selbst an die Schulzeit zurück, dann gibt es ganz unterschiedliche Arten von Lehrern. Die Position im Raum und das Verhalten der Lehrer kann ganz unterschiedlich sein. Manche sind aktiv, laufen durch die ganze Klasse und kommen auf einzelne Schüler zu, wenn sie mit ihnen sprechen. Andere betreten die Klasse, setzen sich hinter das Pult und bleiben dort fast unbeweglich. Sie sprechen eine Stunde lang, dann gehen sie wieder. Manche teilen Vordrucke aus, andere schreiben an die Tafel und wieder andere kommen ohne jede Niederschrift aus. Denkt man jetzt zurück und überlegt, welches das Lieblingsfach war, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das auch am Lehrer lag. Nicht nur an der Person selbst, sondern auch an der Methode, mit der sie, oder er gelehrt hat. Mein Mann schwärmt heute noch von seiner Biologielehrerin. Sein absolutes Lieblingsfach. Die Lehrerin war begeistert von ihrem Fach erzählt er immer wieder. Er sagt, dass sie für ihr Fach gebrannt hat. Ich glaube aber, dass die Art zu lehren in diesem Fall perfekt zur bevorzugten Art zu lernen gepasst hat. Oft erzählt mein Mann davon, dass er von dieser Lehrerin immer Kopien bekommen hat und sie dasselbe Bild und die exakt gleichen Beschriftungen an der Tafel aufgebaut hat. Er ist sicher ein visueller Typ.

Mischformen

Beschäftigt man sich ein wenig damit, dann scheint diese Art zu unterrichten aber tatsächlich genial zu sein. Die visuellen Typen bekommen gleich am Anfang einen Überblick und ein fertiges Bild, das sie sich eine Stunde lang einprägen können. Die auditiven Schüler hören, was die Lehrerin von sich gibt und können es gut aufnehmen. Durch die strukturierte Abbildung an der Tafel ist auch die Tonspur strukturiert und logisch aufgebaut. Die bewegungsorientierten Lerntypen können zusammen mit der Lehrerin das Bild abzeichnen und mitschreiben. Kommunikative Lerntypen werden durch Diskussionen und den Versuch der Schüler Fragen zu beantworten, abgeholt. Tatsächlich gibt es wenig Lehrer, die es schaffen, so wie die Biologielehrerin meines Mannes, noch Jahrzehnte danach in guter Erinnerung zu bleiben. Wahrscheinlich sind genau das die guten Lehrer an die man sich gerne erinnert. Die meisten sind in ihrer Methode zu unterrichten aber nur auf einer Spur unterwegs. Damit machen sie es drei Viertel der Klasse schwerer. Solange die Lerntypen aber nur eine nicht bewiesene Theorie sind, wird sich daran nichts ändern.

Individualförderung

Was ich aus diesen Überlegungen mitnehme, ist die Frage, welchen Lerntyp meine Kinder haben. Ich werde mich also mit dem einen, oder anderen Online-Test auseinandersetzen und sobald ich einen geeigneten gefunden habe, meine Kinder austesten. Weiß ich dann, wo ihre Stärken liegen und wie man ihnen Wissen am besten vermittelt, dann kann ich darauf Rücksicht nehmen. Bewegung, Sprache, Bilder, oder Diskussion sind dann die Mittel, mit denen ich sie beim Lernen unterstütze. Auch wenn die Lerntypen von der Wissenschaft als überholt angesehen und abgelehnt werden, gibt es Lernstile. Die bevorzugten Lernstile geben durchaus Hinweise darauf, auf welchem Kanal man bevorzugt und am effektivsten lernt. Ich denke also, dass mein Ansatz absolut richtig ist. Ich werde mich darum kümmern, meine Kinder richtig einzuteilen und dann Methoden ausarbeiten, mit denen ich das Lernen unterstützen kann. Bei meinem Sohn habe ich die starke Vermutung, dass wir beim Lernen durch die Wohnung hüpfen werden. Ich sehe das aber positiv. So verbrenne ich vor den Schularbeiten immer ein wenig Fett und arbeite nicht nur am Schulerfolg meines Sohnes, sondern auch an einer Bikinifigur.

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