Im Jahr 2007 hat der Comedian Michael Mittermeyer es geschafft, in einen Skandal verwickelt zu werden. Er war bei der Sendung „Wetten, dass …“ eingeladen. In seinem, damals aktuellen Programm, hatte er eine Nummer, bei der er über Eltern sprach, die sich eine Katze als Test für spätere Kinder anschafften. Einen Teil dieser Nummer hat er auch bei Thomas Gottschalk zum Besten gegeben. Um den Unterschied zwischen einer Katze und einem Kind zu verdeutlichen, hat er, absichtlich überspitzt, gemeint, dass man eine Katze an die Wand werfen könnte, wenn sie schreit. Ein Kind nicht. Daraufhin erntete er einen Shitstorm, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Der Tierschutzbund hat damals auch Stellung bezogen, weil auch dort unzählige Katzenliebhaber angerufen haben. Natürlich haben sie die Scherze über das Quälen von Katzen verurteilt. Ich würde eine Katze niemals an die Wand werfen, oder ihr sonst irgendwie schaden. Ich würde mich aber auch nicht beim Tierschutzbund beschweren, wenn ich einen Scherz darüber höre. Das fällt für mich unter künstlerische Freiheit. Aber das soll eigentlich nicht das Thema heute sein. Vielmehr geht es mir um die Demografie. In Deutschland leben etwa 15 Millionen Katzen, 10 Millionen Hunde und 12,7 Millionen Kinder bis einschließlich 15 Jahre.
Demografie
Tatsächlich ist die demografische Entwicklung, also die Altersverteilung im Land, ziemlich beängstigend. Mein Mann war dieser Tage auf einer Schulungsveranstaltung und der Vortragende hat die Zahlen für Österreich gezeigt. In Deutschland sieht es genauso aus. Früher hatten wir eine Alterspyramide. Viele junge und wenige alte Menschen. 2022 war die stärkste Bevölkerungsgruppe Jahrgang 1964. Fast 1,4 Millionen Deutsche werden im Jahr 2024 ihren 60. Geburtstag feiern. Im Jahr 2031 werden sie mit 67 Jahren in Rente gehen. Gleichzeitig werden nur 810.000 heute 8-Jährige ihren 16. Geburtstag feiern und 781.000 heute 12-Jährige werden das 20. Lebensjahr vollenden. Sieht man sich die dynamische Alterspyramide des Statistischen Bundesamtes an, und betrachtet die Gruppe zwischen 25 und 67 Jahren, dann macht sie 2023 mit 47,2 Millionen noch 56 Prozent aus. 20 Prozent der Bevölkerung sind älter und 24 Prozent sind jünger. In 10 Jahren wird sich die Verteilung verschieben. 51 Prozent sind mit 25–67 Jahren im arbeitsfähigen Alter. Je 24 Prozent werden älter und jünger sein. 2070 werden 27 Prozent der Deutschen in Rente sein und nur 49 Prozent arbeiten.
Älter werden
Das trifft natürlich nicht nur auf Deutschland zu, sondern auf einige Länder zu. Starke Jahrgänge gehen in Rente und schwache Jahrgänge treten ins Berufsleben ein. Die Geburtenquote liegt deutlich unter 2, also werden es Jahr für Jahr weniger Menschen. Es gibt also viele gute Gründe, sich die Frage aus dem Titel zu stellen. Geht man von einer Lebenserwartung von stattlichen 15 Jahren aus, dann bedeutet das bei 25 Millionen Katzen und Hunden, dass pro Jahr etwa 1,7 Millionen Haustiere angeschafft werden. Gleichzeitig werden etwa 0,8 Millionen Kinder geboren. Würde sich die Hälfte der Menschen, die sich ein neues Haustier holen, für ein Kind entscheiden, statt für eine Katze, dann würde man die Entwicklung aufhalten. Mit 1,4 Millionen Kindern pro Jahr hätte man ausreichend Arbeitskräfte, um den Laden am Laufen zu halten. Stattdessen wird es immer schwieriger, offene Stellen zu besetzen. Aber ist es wirklich denkbar, den Katzenwunsch in einen Kinderwunsch umzuwandeln? Vergleichen wir einmal die Vor- und Nachteile.
Vorteile von Katzen
Beginnen wir mit den offensichtlich beliebteren Katzen. Die Vorteile beginnen einmal damit, dass die Anschaffung mit vergleichsweise wenig Mühen verbunden sind. Auch wenn man sich zwei Katzen hält, liegen die Kosten bei höchstens 2.000 Euro pro Jahr. Rechnet man auf 18 Jahre hoch, dann sind das etwa 36.000 Euro, die man für zwei Katzen bezahlen muss. Katzen sind weitgehend selbstständig und brauchen vor allem in den ersten Jahren wesentlich weniger Zeit. Man braucht ihnen das Futter nur bereitzustellen und die Katzentoilette zu räumen. Auch wenn Katzen launisch sein können, leidet man als Halter kaum darunter. Das Tier geht einem dann aus dem Weg. Mehr nicht. Möchte man in Urlaub fahren, dann lässt sich die Katze in einer Katzenpension unterbringen, wenn man keinen vertrauenswürdigen Nachbarn, oder einen netten Verwandten hat, der sich um sie kümmert. Auch wenn sich die Lebensumstände ändern, kann man die Katze abgeben. Das ist relativ unproblematisch. Katzen können durch ihre Nähe Geborgenheit geben und Trost spenden. Man kann eine gute Beziehung zu ihnen aufbauen und sie als guten, verlässlichen Freund und Zuhörer sehen.
Vorteile von Kindern
Ich kann hier natürlich nur von meinen Kindern sprechen, aber insgesamt gibt es doch einige Vorteile. So bieten Kinder einzigartige zwischenmenschliche Beziehungen. Die Bindung zwischen Elternteil und Kind ist etwas, das es außerhalb dieser unvergleichlichen Verbindung nicht gibt. In den Kindern kann man viel von sich selbst erkennen und damit auch viel über sich selbst erfahren. Das Kind gibt unmittelbar Feedback. Es weist sofort auf Fehler hin. Kindererziehung gibt Raum dafür, sich selbst zu entwickeln. Man lernt eine hohe Frustrationstoleranz und schärft Führungskompetenz. Dabei wird ein freundschaftlicher Führungsstil mit flachen Hierarchien forciert. Durch die Auseinandersetzung mit den Themen, die den Kindern und für sie wichtig sind und mit dem Begleiten durch den Alltag ergeben sich unendlich viele Chancen. Man liest Texte, die man als Single nie gelesen hätte, hat ständig Gelegenheit seinen Spieltrieb auszuleben und kommt sehr viel an die frische Luft. Kinder zu haben, eröffnet außerdem einen Freundeskreis, der sonst außer Reichweite wäre. Ganz selbstverständlich baut man freundschaftliche Beziehungen zu anderen Familien auf, und wird Teil von Gemeinschaften. Das Leben von Kindern ist geprägt von Meilensteinen, auf die man hinarbeiten kann. Es wird nie langweilig und Feiern, wie Geburtstage, Einschulung bis hin zur Hochzeit der Kinder und die Geburten der Enkelkinder begleiten die Eltern den Rest ihres Lebens. Nicht zuletzt sorgen Kinder auch dafür, dass man wichtiger Teil einer Familie ist.
Nachteile von Katzen
Katzen haaren und lösen bei vielen Menschen Allergien aus. Die Zubereitung des Katzenfutters ist nicht jedermanns Sache und Katzen brüten Krankheiten oft unbemerkt aus. Vor allem Nierenschäden sind, nach Unfällen, die zweithäufigste Todesursache. Durch das Fehlen von ausgeprägter Mimik und dem Unvermögen zu sprechen, muss man selbst merken, dass die Katze krank ist. Leider ist es dann meist schon fast zu spät, sie zu behandeln. Katzen sind eigentlich nicht dafür gebaut, in Wohnungen zu leben. Sie legen einige Verhaltensweisen an den Tag, die der Wohnung nicht guttun. Mangelnde Bewegung und falsche Ernährung machen Katzen krank und übergewichtig. Durch eine Gewichtstabelle für Katzen kann man checken, ob der eigene Stubentiger noch in der Norm liegt, oder schon in einen gesundheitsschädlichen Bereich kommt. Katzen, die Freilauf haben, halten ihr Gewicht besser. Dafür ist aber ein Garten, oder wenigstens ein ebenerdiger Ausgang notwendig. Auch wenn man sich gut mit Katzen unterhalten kann, gibt es wenig verwertbares Feedback. Man kann ihnen alles erzählen, auf einen guten Rat, oder eine kritische Frage wartet man aber vergebens. Katzen werden nicht alt. Man kann davon ausgehen, dass man ihren Tod miterleben wird. Hat man eine innige Beziehung zu seinem Haustier aufgebaut, kann das Sterben und die Zeit danach sehr schwer sein.
Nachteile von Kindern
Pro Kind müssen die Eltern in den ersten 18 Jahren etwa 148.000 Euro ausgeben. Zwar reduziert sich das, dank diverser Zuschüsse um etwa die Hälfte, aber mit mehr als 70.000 Euro ist ein Kind immer noch mehr als viermal so teuer wie eine Katze. Kinder sind in den ersten Jahren sehr unselbstständig. Man braucht viel Zeit, um sie zu füttern und zu wickeln. Dabei nehmen sie auch keine Rücksicht auf das Schlafbedürfnis der Eltern. Sie bringen sich selbst oft in Gefahr und die Aufsichtsperson muss sie ständig im Auge habe. Kinder stellen viele Fragen, auf die schlüssige Antworten eher knifflig sind. Sie zeigen schon als Kleinkind und spätestens in einem der späteren Schuljahre klar die Grenzen des Wissens der Eltern auf. Sie haben einen starken eigenen Willen und diskutieren gerne. Schwangerschaft und Geburt sind sehr anstrengend und hinterlassen auch körperliche Spuren. Insgesamt fordern sie ihre Eltern auf vielen Ebenen und bringen sie in einigen Bereichen mitunter an ihre Grenzen. Kinder haben das Potenzial, die Eltern zu enttäuschen. Sie erfüllen oft Erwartungen nicht und setzen Prioritäten, die sich mit denen der elterlichen Bezugspersonen nicht überschneiden. Sind Kinder krank, bedeutet das Mehraufwand für Mutter und Vater. Sie müssen betreut werden, man muss mit ihnen zum Arzt und schlimmstenfalls auch in Spital. Dort kann man sie nicht einfach abgeben und nach der Behandlung wieder holen, sondern muss die ganze Zeit über bei ihnen sein. Ein Kind hat man ein Leben lang. Es kann immer wieder Hilfe suchend heimkommen und die eigenen Probleme mit den Eltern teilen. Im Grund muss man sein ganzes Leben auf das Kind ausrichten, auf etliche Aktivitäten verzichten und immer und überall bedenken, dass man ein Kind hat.
Für und Wider
Liest man das, dann könnte man sich eigentlich denken, dass es besser wäre, sich ein paar Katzen anzuschaffen, statt Kinder zu bekommen. Ich beobachte bei Katzenbesitzern immer wieder Verhaltensweisen, die mich an eine Eltern-Kind-Beziehung erinnern. Sind Katzen also die besseren Kinder? Man hat mit einer Katze als Haustier eine schöne Aufgabe. Sie braucht einige Dinge, wie eine Katzentoilette, oder einen Fressnapf und muss gefordert und beschäftigt werden. Es entsteht also eine emotionale Bindung zum Tier. Auch Katzen müssen erzogen werden und sind in der Lage sich mitzuteilen. Wie Kinder brauchen sie Zeit und eine emotionale Bindung. Sie müssen ausgewogen ernährt werden, um nicht übergewichtig zu werden und ihr Gesundheitszustand muss beobachtet werden. Als verantwortungsvoller Katzenbesitzer muss man beobachten, wie viel die Katze trinkt und frisst und auch sonst auf Verhaltensauffälligkeiten achten. Gleichzeitig kann die Katze aber auch über lange Zeiträume unbeaufsichtigt bleiben. Sie hat kein wirkliches Problem damit, dass der Mensch tagsüber nicht daheim ist, solange es ausreichend Futter und Wasser gibt.
Katzenmensch und Kindermensch
Kinder verändern einen Menschen. Interessen verschieben sich, Gewohnheiten werden aufgegeben und der Freundeskreis verändert sich. Ob das gut, oder schlecht ist, muss man im Einzelfall beurteilen. Fakt ist, dass die Elternschaft Dein Leben auf Links dreht. Die große Verantwortung, die man mit dieser Entscheidung übernimmt, spürt man als Mutter schon am Beginn der Schwangerschaft. Eltern sind anders als andere Menschen. Am Anfang haben sie ständig Wickeltasche und Feuchttücher griffbereit. Später haben sie immer Taschentücher zur Hand und ein paar Pflaster bei sich. Sie tragen Trinkflaschen und Jausenboxen mit sich und sitzen mehr, oder weniger entspannt – oft auch in Kleingruppen – neben Sandkisten und Schaukelgerüsten. Katzenmenschen unterscheiden sich im Alltag kaum von anderen Menschen. Man erkennt sie auf der Straße meistens nicht. Beim Shoppen kann sie ein Blick in den Einkaufswagen verraten, ansonsten bleibt ihre Leidenschaft für die Samtpfoten verborgen. Kommt man zu ihnen in die Wohnung, dann bemerkt man nicht zwangsläufig auf den ersten Blick, dass Katzen im Haushalt wohnen. Anders ist das bei Kindern. Sind die Kinder daheim, sind sie meistens nicht zu überhören. Wenn nicht, dann liegt irgendwo Spielzeug herum und Fotos der Kleinen schmücken die Wände.
Jedem das Seine
Ob Katzen, oder Kinder die bessere Wahl sind, ist keine ernstgemeinte Frage. Dass Menschen heute kinderlos bleiben wollen, ist wohl der Zeitgeist. Ich verstehe sie von Herzen. Kinder bedeuten eine unglaubliche Verantwortung. Sie kosten Kraft, Nerven und Geld. Objektiv betrachtet spricht verdammt viel dagegen, Kinder zu bekommen. Aus eigener Erfahrung kann ich aber bestätigen, dass viel zurückkommt. Aus meiner Sicht sogar mehr, als man investiert. Es gibt Mechanismen im Körper, die nach der Geburt dafür sorgen, die Schmerzen zu vergessen. Tatsächlich passiert etwas, wenn sie Dir ein hilfloses blutverschmiertes Baby auf den Bauch legen. Plötzlich ist man glücklich – Egal, was in den letzten Stunden passiert ist. So ähnlich ist das auch mit den wirklich anstrengenden Babyjahren. Was bleibt, sind die schönen Erinnerungen. Ein herzliches Lachen mit zwei Schneidezähnen im sonst zahnlosen Kindermund. Die ersten Worte und das Tapsen der kleinen Hände, die durch die Wohnung krabbeln. Keine Katze der Welt könnte mir das geben, was mir meine Kinder geben. Wenn die Älteste meiner Drei mir mit bestechender Logik vor Augen führt, dass ich falsch liege, wenn eines meiner Kinder mir eine gute Note vorlegt, oder wenn eines meiner Kinder im Rahmen einer Aufführung auf der Bühne steht, dann bin ich stolz. So stolz, dass mir manchmal eine kleine Träne über die Wange läuft. Ich werde mit glänzenden Augen bei ihren Hochzeiten sein, mit ihnen ihre erste Wohnung einrichten und mich für alles freuen, was ihnen gutes passiert. Mutter zu sein ist etwas ganz Besonderes und ich kann es jedem empfehlen.
Liebe Andrea,
dein Blogbeitrag βKatze oder Kind?β beleuchtet eindrucksvoll die demografische Entwicklung und den Vergleich zwischen Haustieren und Kindern. Du betonst die Verantwortung, die sowohl bei Katzen als auch bei Kindern besteht. Deine persönlichen Erfahrungen als Mutter spiegeln eine tiefere Verbundenheit wider, die über den Vergleich hinausgeht. Ein bewegender und nachdenklicher Beitrag! Danke dafür π
Herzliche Grüße!
Lesenase